Am 6. September 1995 bestätigte der Vulkan Verbund Berichte, bei einem Bankenkonsortium einen Kredit von 300 Millionen Mark aufgenommen zu haben. Während einer Aufsichtsratssitzung trat der Konzern-Chef Friedrich Hennemann auf Druck der Banken im November 1995 zurück. Im Dezember 1995 warfen Vulkan-Betriebsräte der „Ostwerften“ der Konzernzentrale vor, 850 Millionen DM Eu-Beihilfen, die für die Modernisierung der Ostwerften vorgesehen waren, zur Sanierung der Westwerften benutzt zu haben. Am 22. Januar 1996 kam es zu einem Kurssturz an der Börse. Am 16. Februar 1996 wurde an den Börsen Notierung der Vulkan-Aktie ausgesetzt. Mit einem Vergleichsantrag beim Amtsgericht Bremen begann am 21. Februar 1996 der Untergang des seinerzeit größten deutschen Werftenkonzerns. Die Bremer Staatsanwaltschaft ermittelte derweil gegen Ex-Vulkan-Chef Hennemann wegen Verstoßes gegen das Aktiengesetz und stellte am 26. Februar Strafanzeige gegen früheren Vulkan-Vorstand wegen zweckwidriger Verwendung von Eu-Beihilfen. Am 26. März 1996 stieg die Neptun Industrie Rostock aus dem Verbund aus. Am 27. März 1996 verabschiedeten sich die „Ost-Werften“ in Wismar und Stralsund. Am 11. April 1996 wurde der größte deutsche Werftenverbund Bremer Vulkan Verbund AG aufgelöst. Der Aufsichtsrat stimmte der Abkopplung der Ost-Werften zu. Am 1. Mai 1996, dem Tag der Arbeit, eröffnete das Amtsgericht Bremen den Anschlußkonkurs.
Dietmar Buttler – Sprecher Der Linken des Regionalverbandes Cuxhaven und 1996 Betriebsrat und Leiter des gewerkschaftlichen Vertrauenskörpers auf der Schichau Seebeckwerft AG (SSW) in Bremerhaven hierzu:“ In den damals acht Betrieben in Bremerhaven waren 1996 über 3000 Menschen beschäftigt. Damit waren diese Betriebe der entscheidende Industriebereich in der Region Bremerhaven/Kreis Cuxhaven. Durch die Fertigungsstruktur der Vulkan-Betriebe und der damit verbundenen Zulieferung an Personal und Material durch die ansässige mittelständische Wirtschaft ergaben sich erhebliche Beschäftigungseffekte für den Arbeitsmarkt. Mehr als die Hälfte der Arbeitsplätze der acht Vulkan-Betriebe befanden sich SSW. Somit war die SSW mit 1800 Beschäftigten (hiervon 135 Auszubildende)der größte industrielle Arbeitgeber in der Region.“
Buttler: „Dem Betriebsrat der SSW waren erhebliche Managementfehler des Vulkan-Konzernvorstandes unter Führung von Friedrich Hennemann nicht entgangen. Schon in den Jahren 1993 und 1994 gab es z. B. in diesem Zusammenhang heftige Auseinandersetzungen mit dem Konzernvorstand um die Standortsicherung in Bremerhaven. Erinnert sei hier an die Großdemonstrationen der Belegschaft der SSW für Modernisierungsinvestitionen, an die Erklärung der Stadtverordnetenversammlung und einen offenen Brief der Bremerhavener Konferenz zur Standortsicherung der Werften an den Bremer Sernat und an den Konzernvorstand. Zusätzlich verschärfte sich die damalige Situation durch ein Bankenkonsortium des Verbundauftrages „COSTA 2“, die die dringend benötigten Kredite zur Bauzeitfinanzierung verweigerten und somit letztlich die Existenzkrise des gesamten Verbundes auslösten.“
Buttler weiter:„Mit der SSW ist eine Werft untergegangen, die zum relativ kleinen Kreis der Spitzenwerften in der Welt gehörte, die im Bereich von hochwertigen RoRo-, Pax, Eisenbahn, Fahrgast- und Kreizfahrtschiffen Hochtechnologie entwickeln und produzieren. Ein renomiertes Unternehmensberatungsinstitut kam 1993 in einer internationalen Vergleichsstudie zum Ergebnis, dass die SSW in diesen Bereichen zu den Top3. Bzw. Top 5 der Werften Europas bzw. weltweit zählte. Der damalige Auftragsbestand (Anfang 1996) hätte die Beschäftigung auf der Werft bis weit ins Jahr 1997 gesichert.“
Buttler abschließend:“Der Erhalt der Vulkanbetriebe und damit der Werften in Bremerhaven war für uns als Betriebsräte schon aus struktur- und industiepolitischen Gründen dringend erforderlich.Die Werftindustrie war zu der Zeit das industrielle Rückrat Bremerhavens. Allein die SSW und die Lloydwerft tätigten 1994 und 1995 Umsätze von mehr als 1 Milliarde DM. Ein großer Teil hiervon kam als Nachfrage auch den regionalen Betrieben zugute. Die Arbeitslosenquote in Bremerhaven lag zu der Zeit bei 19,4 % mit steigender Tendenz. Über 15. 000 Menschen waren in Bremerhaven auf Sozialhilfe angewiesen.
Dietmar Buttler – Sprecher Der Linken im Regionalverband Südkreis Cuxhaven