Corona und Arbeitsrecht – Hinweise für Arbeitnehmer:

19. März 2020  Allgemein, Hagen

Die meisten gesetzlichen Regelungen „passen“ einfach nicht zu der Pandemie „Corona“. Deshalb sind alle Auskünfte nur vorläufiger Art, denn eine vergleichbare Situation gab es noch nie in der Geschichte des Arbeitsrechts.

Kindesbetreuung und Arbeit:

Ist die Arbeitsleistung für den Arbeitnehmer wegen der Notwendigkeit der Betreuung eines Kindes „unmöglich“ im Sinne des § 275 BGB ? Im Rechtssinne „unmöglich“ ist sie ihm nicht. Es nützt aber auch nichts, sich auf diese Vorschrift zu berufen, weil der AN nur von seiner Leistungspflicht frei wird, nicht aber etwa seinen Anspruch auf Lohn behält.

Was nützt die Regelung zur „vorübergehenden Verhinderung“ an der Arbeitsleistung nach § 616 BGB ? Zunächst ist diese Vorschrift abdingbar, d.h. im Arbeitsvertrag kann diese Vorschrift ausgeschlossen werden. Zudem geht es nur um die Verhinderung der Arbeitsleistung „für eine verhältnismäßig nicht erhebliche Zeit“. Dies wird so interpretiert daß nur vorübergehend also für 3 max 5 Tage ein Lohnanspruch bestehen bleibt, im übrigen aber der Betroffene sich um anderweitige Betreuung vergeblich bemüht haben muss.

Eine gesetzliche Neuregelung, die sich mit der massenhaft notwendigen Kindesbetreuung befaßt ist geplant, aber noch nicht im Gesetzgebungsverfahren und erst Recht nicht in Kraft getreten.

Lohnausfall:

Annahmeverzug:Grundsätzlich gilt, daß der AG wegen des Wegfalls von Aufträgen trotzdem zur Lohnzahlung verpflichtet ist (§ 615 BGB).

Dies dürfte aber nicht bei einem dauerhaften Wegfall der Arbeit gelten. Liegt der Grund für den Ausfall weder in der Sphäre des AN noch in der des AG wird das Risiko geteilt, d.h. der AN muß nach einer gewissen Zeit mit einer Reduzierung des Lohnanspruches dann sogar mit seinem Wegfall rechnen (Betriebsrisiko). Der AG könnte aus betriebsbedingten Gründen kündigen. Der AN wäre dann aber Arbeitslosengeld angewiesen.

Kurzarbeitergeld:

Das muss der AG beantragen. Es kommt nur in Betracht wenn der Betrieb vorübergehend aus wirtschaftlichen Gründen nicht den Produktionsprozess vollständig aufrechterhalten kann. Der AN erhält dann den anteiligen Lohnausfall durch die Bundesagentur ersetzt.

Der AG hat eine Ausschlußfrist von 3 Monaten bei der Beantragung von KuG zu beachten. Bislang mußten 1/3 der AN des Betriebes betroffen sein. Seit Corona wurde diese Schwelle auf 10 % der Beschäftigten herabgesetzt. Das KuG gilt aber für alle Betriebe ab 1 Beschäftigten (allerdings nicht der gesetzliche Kündigungsschutz, der erst bei mehr als 10 Beschäftigten gilt).
Homeoffice:

Es besteht kein genereller Anspruch auf Home-Working. Dies muß in Absprache mit dem AG erfolgen. Wird allerdings Home-Work angeordnet bedarf dies der Zustimmung des AN. Selbstverständlich sind alle im Betrieb und nach Vertrag bestehenden Regelungen zu dem Thema zu beachten. Die technischen Voraussetzungen für das Home-Office muß der AG schaffen.

Krankschreibung und Quarantäne:

Bei Verdacht der Infektion erfolgt regelmäßig eine Krankschreibung. Der Lohn richtet sich nach dem Entgeltfortzahlungsgsetz.

Im Fall der Quarantäne-Anordnung muß der AG den Lohn für 6 Wochen weiterzahlen (Die Behörde erstattet diesen dem AG nach § 56 Infektionsschutzgesetz).

Urlaubsanordnung:

In jedem Falle unzulässig ist die einseitige „Anordnung“ von Urlaub. Zum einen widerspricht das dem Erholungs-Charakter des Urlaubs und der Notwendigkeit ihn grundsätzlich n i c h t stückweise zu gewähren, zum anderen führt dies dazu daß die Krise ausschließlich auf Kosten der AN „gelöst“ wird.

Im Falle geringfügiger Beschäftigung ist darauf zu achten, daß nicht einfach über (gar nicht vereinbarte) Arbeitszeitkonten versucht wird das Problem zu lösen. Auch das ist eine Lösung des Problems einseitig auf Kosten der AN

Hamburg, 18.03.2020 – Dr. Rolf Geffken (Anwalt, Autor, Dozent)