Antrag zur Vermeidung von Strom-, Gas- und Wassersperrungen im Kreis Cuxhaven!

18. April 2019  Allgemein, Hagen

Dietmar Buttler

Dietmar Buttler – Fraktionsvorsitzender DER LINKEN im Kreistag Cuxhaven:“Die kürzlich erfolgte Wassersperrung durch die EWE in der Mittel- und Werner-Kammann-Straße in Cuxhaven zeigt leider anschaulich – wie rigoros und ohne zu hinterfragen die EWE z. Z. offensichtlich vorgeht! Trotz korrekter Zahlung ihrer Nebenkosten an die Vermietungsgesellschaft wurde den Mieterinnen und Mietern das Wasser abgestellt – da die Nebenkosten von der Gesellschaft nicht an die EWE weiter gegeben wurden. Nachfrage der EWE Fehlanzeige!“

Buttler weiter: „Auf eine aktuelle Anfrage DER LINKEN im Kreistag im März 2019 erteilte das Büro „Konzern-kommunikation“ des Betreibers EWE in Oldenburg keine Auskunft über die Anzahl der durchgeführten Energiesperren im Kreis Cuxhaven. Mitgeteilt wurde lediglich: Für das EWE-Grundversorgungsgebiet zwischen Elbe und Ems wurden 2018 insgesamt 7500 Sperrungen durchgeführt. Hiervon 75 % Strom- und 25 % Gassperrungen. Wir können also für den Kreis Cuxhaven z. Z. lediglich Schätzungen abgeben! Das auch im Cuxland Familien und Einzelhaushalte betroffen sind – wird sicherlich kein Mensch bestreiten können. Selbstverständlich bleiben wir somit weiterhin dabei: Solange die derzeitigen Mehrheitsverhältnisse im Bundestag eine soziale Energiepolitik nicht möglich machen – sprich z. B. Strom-, Gas und Wassersperrungen verbieten – ist um so mehr das Engagement auf kommunaler Ebene wichtig.

Die Fraktion DER LINKEN im Kreistag Cuxhaven stellt somit aktuell einen Antrag zur zur Vermeidung von Stromsperren bzw. Wassersperrungen zur nächsten Sitzung des Kreistages Cuxhaven um diese stillen Katastrophen im Kreis zu lindern – siehe Begründung des Antrages.“

Antrag zur Vermeidung von Strom-, Gas- und Wassersperrungen im Kreis Cuxhaven

Die Fraktion DER LINKEN im Kreistag Cuxhaven bittet , über folgenden Antrag in der nächsten Sitzung des Kreistages (11. Sitzung) beraten bzw. abstimmen zu lassen.

Der Kreistag möge beschließen:

Die Verwaltung des Kreises Cuxhaven wird beauftragt darauf hinzuwirken, das Saarbrücker-4-Punkte-Modell zur Verminderung von Stromsperren bzw. Wasser- und Gassperrungen im Kreis Cuxhaven umzusetzen und somit mit den örtlichen Netzbetreibern, Vertretern der Sozialbehörden und Vertretern der Träger von Schuldnerberatungen in Kontakt zu treten und eine Kooperation im Sinne des ,,Saarbrücker-4-Punkte-Modell“ zu ermöglichen.

Das Saarbrücker-4-Punkte-Modell beinhaltet:

Punkt 1:

des Modells besteht in einer Einwilligungserklärung des Sozialleistungsempfängers, die einen Datenaustausch zwischen dem Grundversorger Energie und dem zuständigen Jobcenter ermöglicht. Durch die Einwilligungserklärung wird trotz des gesetzlichen Datenschutzes für diesen Sonderfall erlaubt, dass der Grundversorger das Jobcenter informiert, wenn dem Kunden eine Stromsperre (bzw. Gass- und Wassersperrrungen) droht. Dadurch kann das Jobcenter reagieren und versuchen, die Sperrung zu verhindern und die Zahlung der Außenstände zu erreichen. Instrumente hierzu sind unter anderem Darlehen, Stundungsanträge, Abschlagszahlungen und Schuldnerberatung.

Die Erklärung wird ausdrücklich auf freiwilliger Basis beim Jobcenter unterschrieben. Wenn künftig eine Sozialleistung beim Jobcenter beantragt wird, erläutern die Mitarbeiter dem Antragsteller die Erklärung. Auch Personen, die bereits Sozialleistungen beziehen, werden entsprechend von der Behörde über das Instrument der Einwilligungserklärung informiert. Jobcenter und Grundversorger stimmen die Formulierung der Einwilligungserklärung ab. Grundsätzliche datenschutzrechtliche Fragen wurden von beide Seiten im Vorfeld geklärt. Die für einen Austausch notwendigen Daten, die entsprechenden Datenformate und der Weg der Datenübermittlung werden ebenfalls derzeit einvernehmlich zwischen dem Grundversorger und dem Jobcenter festgelegt.

Punkt 2:

sieht vor, dass der Grundversorger und bzw. örtliche Netzbetreiber in der letzten Zahlungsaufforderung beziehungsweise in der schriftlichen Sperrankündigung auf die Hilfemöglichkeiten des zuständigen Jobcenters hinweisen. Zudem werden in Frage kommende flankierende Beratungseinrichtungen (z.B. Schuldnerberatung) aufgezeigt.

Punkt 3:

legt fest: Die Netzbetreiber nehmen Sperren in der Regel montags bis donnerstags vor. Hiermit wird gewährleistet, dass die Betroffenen einer Stromsperre oder das Jobcenter kurzfristig handlungsfähig bleiben. So kann vermieden werden, dass die Betroffenen am Wochenende keinen Strom haben.

Punkt 4:

ist eine Selbstverpflichtung vom Grundversorger, mit gezielten Maßnahmen zukünftig auflaufende Zahlungsrückstände ihrer Kunden möglichst gering zu halten, bevor die erste Mahnung ergeht. Hiermit soll sichergestellt werden, dass die Zahlungsrückstände in einem zu erarbeitenden Rückzahlungsplan zeitnah wieder ausgeglichen werden können.

Begründung:

Circa 1000 Haushalten wird pro Tag in Deutschland z. B. der Strom abgeschaltet. In 2017 waren mehr als 361.000 Haushalte bundesweit und rund 25.000 Haushalte in Niedersachsen betroffen.Von einem Moment auf den anderen versetzen die Stromkonzerne die Betroffenen praktisch in die Steinzeit zurück. Eine stille Katastrophe.

Für die betroffenen Haushalte stellt eine Stromsperrung bzw. Gas- und Wassersperrung einen massiven Eingriff in der Lebensführung der Menschen dar! Ab einem Zahlungsrückstand von 100 Euro kann der Energieversorger z. B. laut Stromgrundversorgungsverordnung (StromGVV) eine Stromsperre verhängen. Insbesondere im Winter führen Stromsperren zu einer bedrohlichen Wohnsituation und nicht zuletzt deshalb gilt es nach Lösungsansätzen zu suchen, um Sperren zu verhindern.

Durch eine enge Kooperation von Sozialbehörden und Energieversorgern, konnten zum Beispiel in der Region Saarbrücken allein in den ersten vier Monaten nach Einführung rund 300 Energiesperren vermieden werden.

Das ,,Saarbrücker-4-Punkte-Modell“ bietet ohne erheblichen finanziellen Mehraufwand die Möglichkeit, Strom-, Gass- und Wassersperrungen vorzubeugen, indem eine enge Verknüpfung zwischen Sozialbehörden und Anbietern bereits vor der Sperre ansetzt und damit die Möglichkeit bietet – bereits vor der Abschaltung aktiv zu werden.

Im Kreis Cuxhaven könnte das Modell seine Wirkung besonders gut entfalten. – da z. B. die EWE einen hohen Marktanteil im Kreis Cuxhaven besitzt.

Auf eine aktuelle Anfrage DER LINKEN im Kreistag im März 2019 gab der Betreiber EWE keine detaillierte Auskunft über die Anzahl der durchgeführten Energiesperren im Kreis Cuxhaven. Für das EWE-Gebiet zwischen Elbe und Ems wurden laut Scheiben des Betreibers 2018 insgesamt 7500 Sperrungen durchgeführt. Hiervon 75 % Strom- und 25 % Gassperrungen.